Vorstellungen vom anderen und Angst vor Vereinnahmung

Dr. Imke-Marie Badur © UniKasselTransfer

Koordinierung und das offene Gespräch führen zum Erfolg

Dr. Imke-Marie Badur leitet die "Koordinationsstelle für Service Learning und gesellschaftliches Engagement" bei UniKasselTransfer. Sie arbeitete als Expertin für Service Learning im Projekt „Campus und Gemeinwesen“.

Inwiefern hat sich die Sichtbarkeit der Uni Kassel in der Region durch die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft verändert?

Als einzige Universität Nordhessens mit einigen stark anwendungsorientierten Schwerpunkten und einem breit praktizierten Wissenstransfer ist die Universität Kassel in der Region ohnehin sehr präsent. Neubürger staunen, dass beispielsweise die Lokalzeitung wöchentlich eine Themenseite über Aktivitäten der Universität publiziert. Mit der Einrichtung einer „Koordinationsstelle für Service Learning und gesellschaftliches Engagement“ bei UniKasselTransfer 2011 hat sich weniger die Quantität als die Qualität der Sichtbarkeit verändert. Neben der Profilierung als Umwelt- und Gründer-Universität wird nun auch das gesellschaftliche Engagement der Hochschule stärker kommuniziert. Service Learning führt zu durchweg wertschätzender Berichterstattung, weil dessen Sinnhaftigkeit jedem sofort einleuchtet.

Dank der Koordinationsstelle finden Pressevertreter leicht attraktive Themen aus dem Engagement-Feld. Als 2014/2015 das große Engagement für Geflüchtete entstand, konnte die Pressestelle der Uni problemlos die zahlreichen Engagement-Projekte der Hochschule identifizieren und für die interne und externe Öffentlichkeitsarbeit verwenden.

Für gemeinwohlorientierte Organisationen war vor Einrichtung der Koordinationsstelle vornehmlich das Institut für Sozialwesen im Fokus. Inzwischen hat sich der Blick geweitet, indem fachorientierte Kooperationen auch mit anderen Fachbereichen initiiert wurden wie zum Beispiel WLAN in Flüchtlingseinrichtungen, Management von Non-Profit-Organisationen und barrierefreies Bauen. Bürger – seien es benachteiligte Kinder, Demenzielle, Drogenabhängige oder Teilnehmende eines Stadtteil-Entwicklungsprojekts - profitieren direkt vom Engagement und erhalten so ein positives Bild von der Universität.

 

Wo liegen die größten kommunikativen Hürden zwischen Hochschulen und zivilgesellschaftlichen Partnern?

Auf der Seite zivilgesellschaftlicher Organisationen hemmen weniger Berührungsängste, als vielmehr eine fehlende Vorstellung davon, was eine Hochschule außer der Vermittlung von Praktikanten und wissenschaftlicher Begeitforschung noch für sie tun könnte. Wichtig ist es daher, die Einrichtungen proaktiv einzuladen, ihre Bedarfe mitzuteilen. Unsere strategischen Partner sind das Freiwilligenzentrum und die LIGA der Wohlfahrtspflege und fungieren als Türöffner und Übersetzer.

Am besten funktioniert ein Abgleich von Vorstellungen im direkten Gespräch. So kann sich der Wunsch einer Beratungsstelle nach einer Evaluation verwandeln zur Offenlegung einer Ratlosigkeit bezüglich des Umgangs mit einer bestimmten Klientengruppe – und schon entsteht ein Forschungsprojekt, das sowohl für die Wissenschaft als auch für die Einrichtung nützlich ist.

Wissenschaftler fürchten vor allem, sich vor einen „fremden Karren“ spannen lassen zu müssen. Lieber entwickeln Dozenten eigene Ideen und suchen sich dann gezielt passende Partner, was der angestrebten „gleichen Augenhöhe“ widerspricht. Wo Kontakte entstanden sind, entwickeln sich gemeinsame Projekte. So wurde beispielweise in einem Webvideo-Seminar mit Musikstudierenden die therapeutische Arbeit eines Behindertenvereins porträtiert – und dadurch gemeinsam die Idee geboren, sich inklusivem Musikunterricht zu widmen.