Nachhaltigkeit von Beginn an mitdenken

Dr. Imke Marie-Badur © UniKasselTransfer

Veränderung beginnt im Kleinen und kann doch lange wirken – Interview mit Dr. Imke-Marie Badur

Dr. Imke-Marie Badur leitet die "Koordinationsstelle für Service Learning und gesellschaftliches Engagement" bei UniKasselTransfer. Sie arbeitete als Expertin für Service Learning im Projekt „Campus und Gemeinwesen“.

Inwiefern hat die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft die Region verändert?

„Veränderung der Region“ ist ein hoher Anspruch. Die meisten Projekte entfalten kleinere Wirkungen, indem sie entweder Organisationen ihre Arbeit erleichtern – durch Öffentlichkeitsarbeit, Evaluation, Beratung, Kalkulation, Ideen- und Konzeptentwicklung – , oder indem sie Menschen direkt unterstützen – durch Bildung, Aufklärung, Aufbereitung von Informationen, Produktentwicklung, Ermöglichung von Partizipation und Begegnung, Patenschaften.

Wenn sich für Geflüchtete in Großunterkünften durch von Studierenden entwickelte Objekte ihre Privatsphäre erhöht, oder wenn Demenzkranke einen von Studierenden konzipierten Therapiegarten erhalten, dann hat das lohnende Wirkungen, aber trägt natürlich nur bedingt in einem transformativen Sinne zum Wandel der Region bei. Hierfür bräuchte es weitreichendere Formate wie z.B. Reallabore. Nicht zu unterschätzen sind jedoch auch die langfristigen Wirkungen, die sich durch aufgebaute Beziehungen und veränderte Haltungen bei allen Beteiligten entfalten.

Wie gelingt es, die Nachhaltigkeit eines Projekts zu sichern? Was gilt es, auszuhandeln?

Wenn Projekte aus dem explizit formulierten Bedarf einer zivilgesellschaftlichen Organisation heraus entstehen, ist meist von vorneherein klar, dass die langfristige Verantwortung bei der Einrichtung liegt und die Universität lediglich eine Weile unterstützt. Ehe sich die Universität für eine Kooperation entscheidet, sollte dennoch sichergestellt werden, dass in der Organisation auch Mittel vorhanden sind, um mit den Projektergebnissen etwas anzufangen. Von Studierenden ein Seniorenheim barrierefrei umplanen zu lassen, macht nur Sinn, wenn ein Umbau bereits budgetiert ist.

Komplizierter ist es, wenn Projekte gemeinsam oder vornehmlich von Hochschulseite erdacht und konzipiert werden, wie beispielsweise ein konsumkritischer Stadtrundgang oder eine Quasi-Grundschule in einer Flüchtlingseinrichtung. Dann sollte bereits in der Vorplanung deutlich das Thema „Nachhaltigkeit“ geklärt werden: Was passiert mit den Ergebnissen? Wer steht langfristig in der Verantwortung und übernimmt die Trägerschaft? Wie viele Semester kann sich die Universität maximal diesem Projekt widmen? Können bereits von Beginn an Haupt- und Ehrenamtliche eingebunden werden, die das Projekt weiterführen? Wer kann sich frühzeitig um Fundraising kümmern? Was passiert, wenn das Projekt von einer der beteiligten Seiten vorzeitig beendet werden muss?

Wo endet die Verantwortung für ein Projekt?

Nicht alle Projekte benötigen eine dauerhafte Perspektive. Gerade Evaluationen, Konzept- und Produktentwicklungen sind irgendwann einfach „fertig“ und im Einsatz, dann müssen neue Partner und neue Projekte gesucht werden. Meines Erachtens kann es nicht Ziel der Universität sein, aus jedem Projekt eine Initiative zu entwickeln und diese womöglich aus den hochschulischen Ressourcen langfristig weiterzuführen. Besonders lehrreich sind Projekte in der konzeptionellen und experimentellen Anfangsphase. Genau hier ist auch die Expertise der Universität wichtig. Hat sich ein Projekt erstmal konsolidiert und haben sich Routinen entwickelt, ist es Zeit für die Hochschule, Abschied zu nehmen: entweder das Projekt feierlich zu beenden, es komplett in die Hände des Partners zu übergeben oder eine eigenständige Körperschaft als Träger zu gründen.